Geschichte
Das Haus am Schulplatz 13, in welchem sich die Bibliothek befindet, ist über 400 Jahre alt und war eigentlich gar nicht als Bibliothek erbaut worden. 1609 beherbergte das Gebäude eine Schule, ab 1896 wurde es als Fürstliche Bibliothek genutzt. Das geschichtsträchtige Haus hatte also schon immer mit Bildung zu tun, die alte Aula ist Dreh- und Angelpunkt bei den zahlreichen Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene und versprüht immer noch den Charme vergangener Zeit.
Die Geschichte der jetzigen Stadtbibliothek ist eng mit der Rudolstädter Schulgeschichte verbunden. Schon Graf Albrecht hatte beschlossen, der immer zahlreicher werdenden Schuljugend ein neues Schulgebäude bauen zu lassen. Nach dessen Tod übernahm sein Sohn, Graf Karl Günther, die Aufsicht über den Schulneubau, der 1609 begonnen und 1611 vollendet wurde. Zur feierlichen Einweihung erhielt die Schule den Namen "Carolinum".
1664 wurde das Gymnasium gegründet. Seine erste Heimstatt fand es in dem bis dahin als städtische Bürgerschule genutztem Gebäude am Schulplatz. Im Gründungsjahr gab es sieben Schulklassen, die unteren drei gehörten zur städtischen Bürgerschule, die oberen vier zum Gymnasium.
Mit der Zeit und vor allem wegen der steigenden Schülerzahlen konnte das ehemals stattliche Haus den gewachsenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden. 1856 erfolgte der Anbau an der Nordseite, wodurch nochmals vier Klassenräume geschaffen wurden. Der größte Mangel allerdings war das Fehlen eines Versammlungsraumes, der bei den zahlreichen öffentlichen Feiern nicht nur Lehrer und Schüler, sondern auch den Hof und sein Gefolge aufnehmen konnte. Dazu wurde 1871 das Zimmer der Prima vergrößert, an der Ostseite entstand eine Bühne für den Chor.
Trotzdem fehlte dem Haus nach fast dreihundertjähriger Nutzung als Schule die nötige Substanz für einen zeitgemäßen Unterricht. Ab 1889 erfolgten deshalb erste Planungen zum Neubau eines Gymnasiums, 1894 wurde das neue Schulgebäude in der Weinbergstraße feierlich seiner Bestimmung übergeben.
Das alte Haus am Schulplatz konnte nun anderweitig genutzt werden.
Die Wurzeln der Rudolstädter Bibliotheksgeschichte lassen sich bis in die Reformationszeit zurückverfolgen, als durch Graf Heinrich XXXII. in der Hofkirche eine Büchersammlung mit vorwiegend theologischen Schriften angelegt wurde.
Da die meisten schwarzburgischen Regenten Interesse an Bildung, Kunst und Wissenschaften zeigten, wurde die Sammlung im Laufe der Jahrhunderte systematisch erweitert.
Als Fürst Johann Friedrich 1746 das theologische Seminar begründete, wünschte er auch eine ansehnliche öffentliche Bibliothek. Er ergänzte die bisherigen Sammlungen durch seine Privatbibliothek und stellte sie ab 1751 der Öffentlichkeit einmal in der Woche zur Verfügung.
1804 erhielt die Bibliothek einen Zuwachs von 17.000 Bänden, die der Rudolstädter Geheimrat Carl Gerd von Ketelhodt dem regierenden Fürsten Ludwig Friedrich II. samt seinem Wohnhaus am Neumarkt verkauft hatte. In diesem Haus war die Bibliothek ab 1805 untergebracht.
Durch zahlreiche Spenden des Hofes wuchs die Sammlung weiter an, bis sie auf Veranlassung von Fürst Friedrich Günther in allgemeinen Landesbesitz des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt überführt wurde.
Für die durch Landeszuschüsse, aber vor allem durch weitere Nachlässe stetig angewachsenen Bestände war das Gebäude am Neumarkt bald zu klein, Teile des Bestandes wurden 1893 in der Ludwigsburg magaziniert.
Das leerstehende Gymnasium am Schulplatz bot sich für die Unterbringung der Fürstlichen Bibliothek an und so waren die Bemühungen um ein geeignetes Gebäude mit dem Einzug in das alte Gymnasium 1896 endlich von Erfolg gekrönt. Seit dieser Zeit befindet sich die Bibliothek am Schulplatz.
Nachdem Fürst Günther 1918 auf Thron und Krone verzichtet hatte und das ehemalige Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt im 1920 gegründeten Land Thüringen aufging, übernahm das Land auch die Aufgabe, die Bibliothek zu erhalten und weiterzuführen.
1925 wurde das Gebäude der Landesbibliothek nach 6-monatiger Bauzeit wieder für die Allgemeinheit geöffnet. Die Bibliothek ist ab diesem Zeitpunkt in zwei Abteilungen gegliedert: die wissenschaftliche Abteilung mit den Beständen der Fürstlichen Bibliothek und die neugeschaffene sogenannte volkstümliche Abteilung, der Vorläufer der heutigen Stadtbibliothek.
1939/40 erfolgte die Umgestaltung der Bibliothek von einer wissenschaftlichen Einrichtung zu einer Bildungsbücherei.
Nach der Gründung der DDR wurde das Land Thüringen 1952 aufgelöst, 1953 wurde die Landesbibliothek in die Stadtbibliothek umgewandelt, nach dem Zusammenschluss mit der Kreisstelle für Bibliothekswesen in die Stadt- und Kreisbibliothek.
Im Laufe der folgenden Jahre wurden nicht nur die historischen Buchbestände, die sich noch im Haus befanden, stark vernachlässigt, sondern auch das Gebäude selbst.
Wegen des schlechten baulichen Zustands des Hauses, aber auch wegen des chronischen Platzmangels in den von der Stadtbibliothek genutzten Räumen entschloss sich die Stadt Rudolstadt zu einer umfassenden Sanierung, die von 1994 bis 1998 erfolgte.
Die historischen Buchbestände wurden aus der Stadtbibliothek herausgelöst, seit 1993 gibt es die Historische Bibliothek der Stadt Rudolstadt als eigenständige Einrichtung. Ihren Sitz hat sie gemeinsam mit dem Stadtarchiv im ebenfalls sanierten Alten Rathaus.
So steht nunmehr das gesamte Gebäude der Stadtbibliothek zur Verfügung. In die alten Mauern hat mittlerweile moderne Technik Einzug gehalten. Die Stadtbibliothek als anerkannte Kultur- und Bildungseinrichtung wird heute von der Stadt Rudolstadt getragen und ist fest im öffentlichen Leben verankert.